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Jahreshauptversammlung - Der Öko-Verein hat einen neuen Vorstand!

Ich würde mich gerne einbringen in den Verein, sagte er als er kam. Am Ende des Abends war er sein erster Vorsitzender.

Levin Petersen, zwanzig Jahre jung, ist die große Überraschung des Ökovereins auf Pellworm. Lange schien es so, als würde der ersehnte Generationswechsel ausbleiben. Nun ist er da. Vielleicht war es der bewußte Rückzug der Gründer, der die freundliche Übernahme möglich machte. Vielleicht stand auch das Finanzamt pate, das dem Verein den Status Gemeinnützigkeit seit einiger Zeit nicht mehr anerkennen will. Oder beides. Levin hatte sich jedenfalls irgendwann vorsichtig nach der Satzung des Vereins und nach den Gründen für eine mögliche Auflösung erkundigt. Und nun war er gekommen. Ihn trieb die Frage um, warum der Ökoverein keine Zukunft mehr haben sollte, wo es doch Strukturen brauche, die parteiübergreifend Platz für Diskussionen möglich machen, sagte er nach der Sitzung, gerade auch für junge PellwormerInnen, die auf Pellworm leben wollen und Wohnungen brauchen oder sich für Klimaschutz und andere wichtige Themen einsetzen.

Levin hat nach dem Abitur in Husum ein soziales Jahr bei der Landeszentrale für politische Bildung in Hamburg absolviert. Er will Politik studieren. Was er darunter versteht, hat er vor ein paar Wochen beim so genannten Europäischen Ländlichen Parlament (ERP) in Kielce, Ostpolen, in einer bemerkenswerten Rede gesagt. “Pellworm ist der Grund warum ich mich für Politik interessiere. Mit Politik meine ich nicht Parteipolitik. Ich meine meine Zukunft und was ich dafür tun kann. Levin war auf Einladung von Forum Synergies zum Jugendforum des ERP nach Kielce gefahren, und nahm dort an verschiedenen Zukunftsworkshops teil. Ökologisch Wirtschaften – oder der “Ökoverein” - ist seit langem Mitglied in diesem europäischen Netzwerk.

1. Vorsitzender Levin Petersen und Schriftführerin Katrin Knudsen

Levins beherztes “Einbringen” in den Verein machte einem anderen Mitglied Mut. Katrin Knudsen entschloß sich spontan als Schriftführerin zu kandidieren, und wurde wie Levin einstimmig gewählt. “Ich fand die Ankündigung und Einladung zur Jahreshauptversammlung ansprechend”, sagte sie. Die Stimmung und der positive Umgang miteinander im Ökoverein waren für mich immer etwas Besonderes”. So richtig wisse sie noch nicht was da auf sie zukomme. “Aber wenn Levin den Mut hat, Verantwortung zu übernehmen, will ich gerne helfen”. Alle übrigen Vorstandsmitgleider standen nicht zur Neuwahl. Doris Ohrt, Silke Backsen Mathias Schikotanz und Ingrid Iben sowie Katharina Schikotanz bleiben dem Vorstand also erhalten. Uwe Kurzke und Hannes Lorenzen wurden für ein Jahr als Beisitzer gewählt, um den Übergang zu unterstützen. Eigentlich ist damit alles Wichtige berichtet. Wenn da nicht noch die Auseinandersetzung mit dem Finanzamt wäre, und alte Versprechen, die noch eingelöst werden müssen.

Beginnen wir mit der unendlichen Geschichte, an der Kafka seine helle Freude gehabt hätte. Das Finanzamt Flensburg versucht sein zwei Jahren, unserem Verein die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Dies geschieht durch immer neue Forderungen, die Satzung zu ändern. Nach gut dreissig Jahren, in denen der Verein den Namen “Ökologisch Wirtschaften!” - Verein zur Förderung ökologischer Wirtschaftweisen in Landwirtschaft, Energie und Fremdenverkehr” - unbehelligt führen durfte, beanstandete die Behörde plötzlich, dass dies - bei bislang unveränderter Gesetzeslage zur Gemeinnützigkeit - nicht rechtskonform sei.

Der Verein sah sich daraufhin unfreiwillig genötigt, seinen Spitznamen “Ökoverein” offiziell anzunehmen. Damit wurde der erste Schritt in Richtung Entpolitisierung vollzogen. Dies ist in der letzten Zeit vielen Vereinen wie zum Beispiel Attac und der deutschen Umwelthilfe widerfahren. Es folgten nacheinander, in Abständen von einigen Monaten, vier weitere zusätzliche Forderungen des Finanzamtes die Satzung zu ändern. Der ursprüngliche Zweck, also das Kernanliegen des Vereins, nämlich Ökologie und Wirtschaft miteinander auszusöhnen und gemeinschaftlich umwelt- und sozialverträgliche Bewirtschaftungsformen auf den Weg zu bringen, wurde auf diese Weise von Staats wegen ausgeschlossen. Den Vorstand des Vereins hat dieses Vorgehen viel Zeit und Nerven, - und die Mitglieder viel Geld gekostet.

Diese Auseinandersetzungen sind bis heute nicht beigelegt. Der neue Vorstand wird also mit den Mitgliedern die Frage klären müssen, welche Rolle der Verein auf Pellworm in Zukunft spielen will: ob die Gemeinnützigkeit und die damit verbundenen Steuererleichterungen weiter verteidigt werden sollen, und welche bestehenden oder neuen Ziele gegebenenfalls in eine neue Satzung aufgenommen werden sollen. Dies könnte vor allem für jüngere Mitglieder ein spannender Neuanfang werden.

Zu einer geordneten Übergabe gehört aber auch, noch ausstehende Versprechen einzulösen. Während der Pandemie, als das Vereinsleben weitgehends nur auf Bildschirmen stattfinden konnte, wurden zwei bemerkenswerte UnterstützerInnen des Vereins, Antje Schiffer und Alistair Adam Hernandez persönlich nach Pellworm eingeladen. Antje Schiffer versprach damals, die 2020 sehr erfolgreich online durchgeführte “Lange Nacht der Bauernfilme” zu einem späteren Zeitpunkt auf Pellworm - in Zusammenarbeit mit dem Pellwomer Kinoclub – neu aufzulegen. Sie hat inzwischen weitere sehr spannende Videos aus ganz Europa zusammengetragen.  Alistair Adam Hernandez hatte für den Verein einen Vortrag über Resilienz von Dörfern gehalten, und stellte hinterher in Aussicht, seine Erfahrungen und Vorschläge noch einmal in Präsenz auf Pellworm zu vertiefen.

Es dürfte nicht allzu schwer fallen diese Versprechen zum richtigen Zeitpunkt einzulösen, wenn bei den Betroffenen noch Interesse besteht. Was der Verein sich in Zukunft vornehmen will, welchen Zweck und welche Ziele er verfolgen will, darüber wird schon wegen der noch zu klärenden Satzungsfragen bald generationsübergreifend Klarheit geschaffen werden müssen. Die freundliche Übernahme durch Levin und Katrin hat stattgefunden. Jetzt ist es an uns Mitgliedern, das Vertrauen zurückzugeben, das uns die neuen Vorstandsmitglieder entgegengebracht haben.